Zwischen schriftlicher und mündlicher Abschlussprüfung entschieden sich 43 Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen gemeinsam mit ihren Lehrern Herr Hemberger, Frau Gärtner und Frau Utz auf Spurensuche in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau in Polen zu gehen. Für fast alle eine Fahrt ins Unbekannte, denn die Wenigsten hatten kaum eine Vorstellung, was auf sie zukam. Niemand wusste mehr als das, was sie im Unterricht oder in den Medien über dieses Thema bereits erfuhren.
Sonntagabends ging es im Bus auf eine knapp 14-stündige Busfahrt in die kleine Ortschaft Oswiecim im Süden Polens unweit der Stadt Krakau. Dieser Ort ist eher bekannt unter dem alten österreichischen Namen Auschwitz. Hier planten und vollzogen die Nationalsozialisten in den frühen 1940er Jahren den größten organisierten Massenmord der Menschheitsgeschichte.
Nach der langen Fahrt ging es für die Schüler am ersten Tag zunächst in die Stadt, damit sie anhand eines Stadtspaziergangs ein Gefühl für diesen Ort erhalten konnten. Ebenso durfte ein Besuch im jüdischen Museum mit Besuch der Synagoge nicht fehlen, um das Zusammenleben von Christen und Juden bis zum Zweiten Weltkrieg kennenzulernen.
Am Dienstag hatten die Schülerinnen und Schüler ihre erste Begegnung mit dem Stammlager Auschwitz I. Beklemmendes Schweigen herrschte in der Gruppe als man durch das berühmt berüchtigte Eingangstor mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“ das Lager betrat. Während einer knapp dreieinhalbstündigen Führung erhielten die Schüler einen eindringenden Einblick in das Lagerleben und die grausamen Methoden der Nationalsozialisten. Verstärkt wurde diese Führung durch die noch erhaltenen Exponate und Überbleibsel wie Dokumente, Häftlingskleidungen aber auch den Wertgegenständen der Häftlinge und Opfer, die die Nazis diesen abnahmen und lagerten. Stationen dieser Führung waren die Häftlingsblöcke, die Krankenstation, in der Josef Mengele seine Experimente mit den Häftlingen durchführte, die Todeswand, an der tausende Menschen ermordet wurden und auch das noch erhaltene Krematorium I, in dem erste Versuche mit dem Giftgas Zyklon B an Gefangenen durchgeführt wurden. Im Anschluss an die Führung hatten die Schüler dann noch Zeit, sich selbständig mit dem Stammlager zu beschäftigen.
Den Mittwoch nutzten die Schüler um das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau zu besichtigen. Im Gegensatz zu Auschwitz I fand hier der systematischen Massenmord an den Juden ab dem Jahr 1941 statt. Auch hier erhielten die Schüler eine ergreifende und anschauliche Führung. Zunächst erklommen wir den Wachturm des bekannten Eingangs um einen Überblick über das Lager zu erhalten. Erst wenn man dort oben seinen Blick über die Baracken und Zugschienen schweifen lässt, versteht man das Ausmaß und die Größe dieses Massenmordes. Anschließend besuchten wir die Baracken der Männer, Frauen und Kinder. Unfassbar war es für die Schüler, dass im Vergleich so viele Menschen, wie es an unserer Schule gibt, in nur einer Baracke eng an eng „leben“ mussten. Demütig und erschüttert war die Gruppe, als wir dann auf der sogenannten „Judenrampe“ standen, auf welcher die Juden nach ihrer Ankunft entweder in das Arbeitslager oder in den Tod selektiert wurden. Weiter ging es in Richtung der vier zerstörten Krematorien und Gaskammern. Bedrückend und traurig gedachten wir am Abend bei einer von den Schülern selbst organisierten Gedenkveranstaltung an die Opfer des Nationalsozialismus.
Der letzte Tag verbrachte die Gruppe im nahegelegenen Krakau. Eine wunderschöne Stadt, die den Krieg weitestgehend unbeschadet überstanden hat. Zunächst machten wir halt im jüdischen Viertel, welches zur Zeit des Zweiten Weltkrieges das Ghetto der jüdischen Bevölkerung war. Dort hatten die Schüler das Glück mit Zofia Radzikowska sprechen zu können, die mit ihrer Mutter den Holocaust überlebt hatte. Mit viel Charme und sehr bildhafter Sprache erzählte sie von ihren Erlebnissen als Kind und wie sie sich mit ihrer Mutter vor den Deutschen versteckte und so den Holocaust zu überleben. Anschließend hatten die Schüler die Möglichkeit Frau Radzikowska Fragen zu stellen, welche sie mit großer Begeisterung beantwortete. Nach einem Mittagessen besichtigten wir gemeinsam die Stadt um den Tag und die gesamte Fahrt bei einem gemeinsamen jüdischen Abendessen und einem Konzert mit jüdischer Musik ausklingen zu lassen. Anschließend machten wir uns auf die Heimfahrt nach Knittlingen.
Bedanken möchten wir uns recht herzlich beim Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk für die Organisation und exzellente Betreuung vor und während der Fahrt. Vor allem bedanken wir uns bei der Konrad-Adenauer-Stiftung, dem Förderverein der Faustschule sowie der Sparkasse Pforzheim-Calw, die uns finanziell tatkräftig unterstützten, damit die Fahrt erst möglich wurde.
Diese vier Tage in Polen haben uns den Holocaust auf andere Art und Weise erleben lassen. Vielen Schülern, aber auch uns Lehrern, wurde erst nach diesem Besuch bewusst, welches Ausmaß und welche Grausamkeit der Holocaust hatte. Einhellig waren wir der Meinung, dass man mindestens einmal im Leben diesen Ort besuchen sollte, um zu verstehen, was damals passierte und vor allem zu was der Mensch eigentlich imstande ist zu tun.